Hier haben Sie die Möglichkeit in einer kartenbasierten Anwendung
heutige und historische Straßenverläufe in den verschiedenen
Zeitepochen zu betrachten. Die Geoauskunft versetzt Sie in die Lage historische
Straßennamen in aktuellen Karten, sowie aktuelle Straßen und
Wege in ausgewählten historischen Kartenwerken darzustellen.
Hierzu wurden mit Unterstützung der Firma iSL amtliche Karten und
Luftbilder aufbereitet und als Webdienst (WebMapService WMS) zur Verfügung
gestellt. Informationen des Bergedorfer Bürgervereins von 1847 e.V.
in Zusammenarbeit unter anderem mit dem Archiv Ludwig Uphoff, ergänzen
die Darstellung.
Der folgende Text stammt von dem Bergedorfer Heimatforscher Ludwig
Uphoff (1894-1970) und wurde von ihm zuletzt 1966 in einer bz-Serie veröffentlicht.
Gerd Hoffmann hat diese Artikel 2008 für das 2009 erschiene Heimatarchiv-Buch
"Ludwig Uphoffs Bergedorf / Geschichten aus der Geschichte eines
Hamburger Stadtteil" aktualisiert.
Hier ein Auszug:
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Bergedorf um 1600 nur ungefähr
100 Häuser und rund 1000 Einwohner und das benachbarte Lohbrügge
noch ein Bauerndorf mit zwei Katenstellen, nämlich Ladenbek und Sande,
war, so wird man verstehen, dass es damals kaum echte Straßennamen
gab. Zwar findet man im Stadtbuch Bergedorfs aus den Jahren 1437-1495
(es gilt auch mit als ältestes Grundbuch) bereits Ortsbezeichnungen,
um die Lage der aufgeführten Grundstücke genauer beschreiben
zu können. Diese aufgeführten alten Ortsbezeichnungen sind z.B.:
Lampenland, by dem Graven (heute: Hinterm Graben), by dem
Halen Wege (Hohler Weg), Hude, Kobergh (ehemaliger Kuhberg,
heute: Teil des Wiebekingwegs / Vierlandenstraße),
Markt, by dem Schulenbroke, Visdik (alter Teich im Rathauspark), by dem
Wenttorper Hohweghe (als Landstraße nach Wentorf). Alles Namen,
die uns noch heute zum Teil erhalten
Die Erklärung dafür, dass damals Straßennamen im täglichen
Gebrauch im Städtchen Bergedorf nicht üblich und notwendig waren,
ist einfach nachvollziehbar: Auf dem kleinen bewohnten Gebiet, welches
der Blickgraben umschloss und das sich vom damaligen Holstentor neben
der Kirche bis zum Sachsentor vor der Hude erstreckte, waren
Straßenbenennungen unnötig. Denn jeder kannte den anderen und
wußte, wo er wohnte.
Der wohl bereits gepflasterte Verbindungsweg zwischen den beiden Stadttoren,
den die fremden und der Hamburger Kaufleute als Durchgangsstraße
durch Bergedorf befuhren, wurde allgemein als die Strate bezeichnet, später
Große Straße genannt. Sie ist der westliche Teil der
heutigen Fußgängerstraße Sachsentor. Man beachte
hier die amtliche Unsinnigkeit, diese historische Durchgangsstraße
als "Tor" zu bezeichnen.

Als nun das Städtchen wuchs und sich auch vor den damaligen
Toren und dem Blickgraben, dem alten Graben um den Bleek, d. h. Ort, ausbreitete,
wurden die Tore verlegt. Das alte Holstentor rückte um 1601 ans andere
Ende des Mühlendammes bis zum Serrahn vor. Der so zur Stadt
hinzugekommene Straßenteil erhielt später den Namen Holstenstraße,
weil er ins Holsteiner Land führte. Das Sachsentor wurde um
1620 vom Blickgraben bis etwa zur Einmündung der heutigen Chrysanderstraße
vorgezogen; vorher war hier schon ein Schlagbaum. Dieser Str aßenzug
erhielt nun bald, entsprechend der westlichen Verlängerung als Straße
die nach Sachsen-Lauenburg führte, den Namen Sachsenstraße.
1949 wurden Große Straße und Sachsenstraße
zur Straße Sachsentor zusammen gefaßt und sind seit
1971 eine Fußgängerzone. Diese alte Hauptstraße beginnt
auch nicht mehr am ehem. Mühlenwasser beim Hasse-Haus sondern erst
bei der Vierlandenstraße. Kirche, Hasse-Haus und ehem. Stadtwassermühle
wurden zur Holstenstraße hinzugezogen, die nunmehr bis zum
Lohbrügger Marktplatz sich erstreckt und Alte Holstenstraße
genannt wurde zum Unterschied von der Holstenstraße beim Bahnhof
Holstenstraße in Altona. Schon früh hatte man, wie man auch
auf der Frese-Karte von 1593 deutlich sehen kann, an der Durchgangsstraße
einen Platz ungefähr in der Mitte der alten Hauptstraße als
Marktplatz freigelassen. Für den heutigen Besucher ist Bergedorfer
Markt, gelegen an der Südseite des Sachsentors, ein beliebter
Treffpunkt in der Einkaufsmeile geworden.
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Straßennamen nach ihrer Lage
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Als im 17. Jahrhundert das Städtchen wuchs und außerhalb des
eigentlichen Stadtkerns neue Straßen entstanden, wählte man
deren Namen oft nach ihrer Lage. So wurde, wie im 15. Jahrhundert schon
der Name "by dem Graven" (heute Hinterm Graben) oder
"by dem Schulenbroke" (heute Schulen-brooksweg) auftauchte,
in späterer Zeit der Zugang zum Steg über die Brookwetterung
Am Hohen Stege benannt. In den Brook zwischen der Brookwetter und
der Landstraße führte die Brookstraße, während
der Deich südlich der Brookwetter den Namen Brookdeich hatte.
Der Platz um einen Teich im Brook erhielt den Namen Am Pool, während
eine Straße an der Brookwetter den alten Namen für eine Wetter
bekam und Wetteringe, benannt wurde. Das Wasser hieß Wetter,
weil es das Wasser von der Geest und das Wasser der Niederschläge
in den Brook aufnahm und, vom Brookdeich gesäumt, von den
Vierlanden fernhielt.
Als 1208 durch das Billedelta (etwa vom heutigen Serrahn-Wehr bis zur
Kirche) ein Damm geschüttet wurde, entstand oberhalb des Damms das
heutige Billebecken als Mühlenteich für die Kornwassermühle.
Da bei viel Oberwasser der Bille ein Stauwerk nötig wurde, entstand
am Westende des Mühlendammes der Serrahn. Das Wort Serrahn
ist slavischen Ursprungs und bedeutet "Aalfang". Über den
Serrahn führt die "Serrahnbrücke" im Zuge der
Alten Holstenstraße, und neben dem Serrahn liegt
die Serrahnstraße.
Boberger Furtweg und Ladenbeker Furtweg führten zu
alten Billefurten, zu Übergängen nach Billwerder. Boberg ist
ein uraltes Dorf, Ladenbek eine Katensiedlung des Dorfes Lohbrügge.
Der Heckkatenweg erinnert an die alte hamburgische Grenzbefestigung
am Ende des alten Billwerder Billdeiches gegenüber dem Oberen
Landweg. Das Gasthaus Heckkaten liegt östlich der einstigen Heckkaten-Schanze.
Die Billwerder Straße führte von Alt-Sande nach dem
Heckkaten. Die Straße ist auf den Flurkarten Ausgang des 18. Jahrhunderts
bereits vorhanden.
Die Sander Tannen waren einst viel größer: Sie reichten
bis zur Straße An den Tannen. Ende des vorigen Jahrhunderts
vernichtete ein Feuerschaden den östlichen Teil des Forstes; danach
wurde dies Gebiet nicht wieder aufgeforstet. Hier wurden für die
Lohbrügger Kirche und den Friedhof Gelände ausgewiesen - und
später entstand hier das Lohbrügger Villenviertel.
Hofweide ist ein Straßenzug über eine ehemalige Viehweide
eines Lohbrügger Bauerngehöftes. Der Steinbeker Grenzdamm
in Boberg bildet die Grenze zwischen den früheren Dörfern Boberg
und Kirchsteinbek. Unterberg und Langberg, deuten auf die
Lage der Straßen am Geesthang. Die Lohbrügger Landstraße
ist die Hauptdurchgangsstraße durch den Ort. Sie hat ihre Entstehung
in der Hammer und Homer Landstraße.
Die Holtenklinker Straße führt vom Brink zur Holtenklinke,
einem damaligen Wachhaus mit Schlagbaum bzw. Schranke am Curslacker
Heerweg. Dieser war durch Jahrhunderte der Zugangsweg zur alten Fähr-
und Zollstelle Zollenspieker. Über diese Straße nahmen die
Reisenden ihren Weg "ins Reich". Heerweg ist eine alte Bezeichnung
für Hauptlandstraßen.
Der Curslacker Heerweg wurde 1568 vom Bergedorfer Amtmann Johann
Möller angelegt und war Ausweichstraße zum älteren Curslacker
Neuer Deich.Und die um 1930 als Durchbruchs- und neue Duchgangsstraße
angelegte Vierlandenstraße ist die Hauptverbindungsstraße
vom Alt-Bergedorfer Zentrum - weiter über Curslacker Neuer Deich
- in Richtung Vierlanden.
Die Verlängerung der Holtenklinker Straße ist die Rothenhauschaussee.
Sie führt zum alten Grenz- und Zollhaus des Herzogtum Lauenburg in
Börnsen.
Die Wentorfer Straße wurde als Poststraße nach Wentorf
im Jahre 1837 angelegt. Der alte Weg nach Wentorf führte, über
den Hohler Weg oder über den Glindersweg (Glinde, Glinders
bedeutet durch einen hölzernen Zaun abgegrenztes Flurstück).
Dass der Gojenbergsweg zum Gojenberg bzw. über den Gojenberg
führte, bedarf kaum der Erwähnung. Zum benachbarten Reinbek
führt der Reinbeker Weg von Bergedorf durch das Gehölz
- aber auch die alte Heerstraße über Boberg-Lohbrügge,
der Reinbeker Redder. Das Grundwört Redder, das häufig
in hiesigen Straßennamen vorkommt, bedeutet, dass sich links und
rechts des Weges ein Knick befand, der alte 5 bis 7 Jahre abgeschlagen
(also geknickt) wurde.
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Orgfixplan von Bergedorf 1928
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DATEI: strassen-1928-orgfixplan-BD 20.jpg (3408 KB)
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Straßennamen nach ehem. Grundeigentümern
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Nach vormaligen Grundeigentümern sind nur wenige Straßen in
Bergedorf benannt. Die Straße Hulbepark liegt auf dem ehemaligen
Grundstück des Kunstgewerblers Georg Hulbe (1851-1917), der hier
1896 in Bergedorf eine ungewöhnlich gestaltete Villa am Pfingstberg
(damals: Hochallee 3 "Villa Waldheim") bewohnte und
1910 ein reich geschmücktes Kunstgewerbehaus (genannt: Hulbehaus)
an der Mönckebergstraße 21 bauen ließ.
Kiehnshecken ist der neue Name für den ehemaligen Heckenweg.
Kiehn war eine alteingesessene Familie. Die Klaus-Schaumann-Straße
auf der Nettelnburg ist nach dem letzten Eigentümer des Gutes Nettelnburg
benannt worden. Schaumann lebte von 1807 bis 1880, bis 1841 war sein Bruder
Henning Mitbesitzer des Gutes.
Eine beim Bau der Bergedorfer Straße Anfang der 1950er-Jahre
niedergelegte Durchgangs-Passage zwischen den Alt-Bergedorfer Straßen
Neuer Weg und Töpfertwiete trug nach ihrem Erbauer
den Namen Krützmanns Passage. Der Möllers Kamp
hieß vor Jahrzehnten Karolinenstraße. Um Verwechslung
mit der hamburgischen Karolinenstraße zu vermeiden, wurde 1948/49
umgetauft und nach einem Vorbesitzer der Gegend, Claus Möller (1735-1770)
in "Möllers Kamp" umbenannt.
Der Schlebuschweg erhielt seinen Namen nach der Bergedorfer Ratmanns-
und Prokuristenfamilie (Anwalt und Notar) Schlebusch. Sie erwarb viele
sandige Geestäcker und wurde Gründer des Bergedorfer Villenviertels.
Carl Schlebusch (gest. 1852) und sein Sohn lwan (1805-1885) waren beide
als Ratmann in Bergedorf tätig und in höchstem Maße daran
beteiligt, dass Bergedorf in der zweiten Hälfte des 19. Jh. auch
als Kur- und Badeort galt.
An die Zeit der Eroberung Bergedorfs durch die Städte Lübeck
und Hamburg im Jahre 1420 erinnert die Dietrich-Schreyge-Straße.
Er fiel bei der Eroberung des Schlosses "an Sunte Margarethen-Avende".
Ein Replit seines Grabsteins steht im Schlosshof. Der Hans-Freese-Weg
durch den Schlosspark hält, die Erinnerung wach an den "Artoreleymeister
Hans Freese", der am 16. Oktober 1593 den ersten Plan von Bergedorf
fertig gestellt hat. Eine Nachbildung des Planes und ein nach diesem Plan
geschaffenes Modell von Bergedorf befinden sich im "Museum für
Bergedorf und die Vierlande".
An einen weithin bekannten Bergedorfer erinnert die Hassestraße.
Johann Adolf Hasse wurde am 23. 3. 1699 im sog. Organistenhaus, dem Hasse-Haus,
neben der Kirche geboren. Er war u.a. von 1731-1764 Hofkapellmeister in
Dresden und starb am 16. 12. 1783 in Venedig (1999 wurde der Platz vor
seinem Geburtshaus als Johann-Adolf-Hasse-Platz benannt; dadurch
erhielten auch anliegende Bauten neue Adressen).
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Straßennamen nach ehemaligen Amtsverwaltern
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An ehemalige Amtsverwalter sollen uns die nachfolgenden Straßennamen
erinnern: Schuldorfstraße, Vinhagenweg, Reimboldweg
und Wiebekingweg. Schuldorf war der erste Bergedorfer Amtsverwalter
(1586-1657). Sein Grabstein steht an der Bergedorfer Kirche.
Rothard Vinhagen erbaute den Fachwerkteil des Bergedorfer Schlosses, wie
uns die Inschrift im Schlosshof berichtet: "1661 HAT AVF DERE E STEDTE
LVBECK VND HAMBVRG VERORDNVNG HERR ROTHARDT VINHAGEN AMPTS VERWALTER DIESES
HAVS BAWEN LASSEN". So leitete Vinhagen von 1657-1677 die Geschicke
des Amtes Bergedorf; also des Städtchen Bergedorf mit den Vierlanden
und dem Dorf Geesthacht /Elbe.
Johann Reimbold war von 1677 bis 1713 in Bergedorf und ließ nach
1679 in der Kirche die südliche Altarempore erbauen. Laurenz Wiebeking
war von 1713 bis zu seinem Tode 1734 Amtsverwalter; sein Grabstein steht
neben dem Turmeingang unserer St.-Petri-und-Pauli-Kirche.
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Straßennamen nach Bergedorfer Bürgermeistern
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Die nachfolgend genannten Straßen tragen die Namen von Bergedorfer
Bürgermeistern: Corthumstraße nach der Familie, die
von 1563 bis 1704 durch drei Generationen Pastoren und Bürgermeister
stellte. So wurde z.B. Joh. Corthum (1642 bis 1725) 1699 und 1723 Ratsherr
und war Meister des Amtes der Chirurgen. Daniel-Hinsche-Straße
nach Hinsche (1771-1848); er wurde 1815 Ratmann und 1528 Bürgermeister.
Während seiner Regierung kam 1831 der (alte) Friedhof auf den Gojenberg;
heute ist an Stelle des Friedhofes die Parkanlage bei der St.-Michael-Kirche.
1839 gründete er einen sog. Brotverteilungsverein zur Unterstützung
"...verschämter Armer". Neben Ratmann Schlebusch war Hinsche
eifriger Förderer des Eisenbahnprojektes Hamburg-Bergedorf. Auch
unter dem Namen "Winfried" genoss er als Dichter weites Ansehen.
Ernst-Mantius-Straße: Mantius (1838-1897) half großzügig,
das Bergedorfer Villenviertel zu erschließen. Er gründete u.a.
die städtischen Betriebe: Wassserwerk, Kanalisation, Müllabfuhr
und E-Werk. Auf seine Anregung entstand 1893 nach einer Ausstellung die
"Heimat-sammlung des Bergedorfer Bürgervereins von 1847 ";
seit 1953/55 bildet sie den Grundstock des Museum im Schloss.
Gräpelweg, früher Hansastraße, weil sie
an der Wentorfer Straße neben der ersten Hansaschule begann
(heutige Berufssschule). Sie ist benannt nach der alten Bergedorfer Familie
Gräpel, die vom 17. bis 19. Jh. hier ansässig war. Carsten Gräpel
war von 1748-1765 Bürgermeister, sein Neffe Jacob Gräpel (1743-1832)
wurde 1790 Ratmann und war dann von 1795-1828 Bürgermeister in Bergedorf.
Sein Bruder Gerhard war von 1803-1822 Senator in Hamburg.
Die Lamprechtstraße wurde nach der Familie des 1882 verstorbenen
Bürgermeisters Dr. Lamprecht benannt. Von-Anckeln-Straße
nach einer alten Familie, die im 17. und 18. Jh. in Bergedorf lebte und
aus der zwei Bürger-meister hervorgingen: Michael (gest. 1691) und
sein Sohn Friedrich Claus (gest. 1721). Letzterer war Meister des Amtes
der Chirurgen (Bader und Wundärzte). Das Stammhaus der Familie ist
das Haus Sachsentor 19. Es zeigt noch das Allianzwappen, d. h.
Wappen von Mann und Frau.
Sellschopstieg nach der Familie Sellschop, die vom 16. bis zum
18. Jh. in Bergedorf lebte. Die Sellschops waren durch Generationen "Chirurgen".
Jürgen Sellschop war 1698 Meister des Amts der Barbiere und Wundärzte,
1707 wurde er Ratsherr, und von 1722 bis zu seinem Tode 1735 war er Bürgermeister.
Der Wiesnerring erinnert an Wilhelm Wiesner (1868-1834), der von
1919-1931 Bergedorfs Bürgermeister war. In seiner Amtszeit entstand
"das neue Bergedorf", gebaut wurden u.a. das Bergedorfer Rathaus,
die Badeanstalt, das Amtsgerichtsgebäude, die Vierlandenstraße
sowie die Wohnsiedlung Nettelnburg. Der Name Friedrich Franks (1884-1960),
der in Bergedorf von 1931-33 SPD-Bürgermeister war, lebt seit 1968
als Friedrich-Frank-Bogen in Bergedorf-West fort. Nach dem 2. Weltkrieg
1945/46 wurde Frank Leiter des Amtes Bergedorf und von 1946-1953 war er
Senator.
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Straßennamen nach bedeutenden Bergedorfern
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Aus den vielen Namen - hier eine Auswahl: An Bergedorfs ersten Postdirektor
erinnert der Paalzowweg. Franz Wilhelm Ludwig Paalzow (geb. 1816)
Schon 1837 wurde er Vorsteher der Königl. Preuß. Postexpedition
in Bergedorf. Einige Jahre später gründete er das beiderstädtische
Postamt in Bergedorf, das 1861-67 die unter Briefmarken-sammler so begehrten
Bergedorfer Marken herausbrachte. Er trat später in den Dienst der
Kaiserlichen Reichspost und starb 1899.
Die heutige Rektor-Ritter-Straße hieß von 1908 bis
Anfang der 1950er-Jahre nur "Ritter-Straße". Um sie von
der Eilbeker Ritterstraße zu unterscheiden, wurde unser Name ergänzt.
Sie hält die Erinnerung an den langjährigen Leiter der Bergedorfer
Stadtschule, Georg Friedrich Ritter, wach. Unter seiner Leitung wurde
die Schule Am Brink erbaut.
Unter ihrem Direktor Bernhard Schorr (1867-1951) wurde um 1910 die Sternwarte
von Hamburg nach Bergedorf verlegt. Der Wanderweg am Geesthang unterhalb
der Sternwarte wurde deshalb zu seinem Gedenken als Schorr-Höhe
benannt; vorher hieß dieser Teil auch Hermann-Löns-Höhe.
Die Justus-Brinckmann-Straße ist nach dem Gründer des
Museums der Kunst und Gewerbe in Hamburg benannt. Prof. Dr. Justus Brinckmann
(1843-1915) war langjähriger Bürger Bergedorfs. Interessant
ist der Namenswechsel dieser Straße, die von der Holtenklinker
Straße bis zum Doktorberg (früher Hohler
Weg) führt. 1912 erhielt der alte Fußweg unterhalb des
Allgemeinen Krankenhauses den amtlichen Namen Jungfernstieg. 1930
hieß sie Friedrich-Ebert-Straße bis zur August-Bebel-Straße
und die Verlängerung Rathenaustraße (der Name Friedrich-Ebert-Straße
wurde später in Hindenburgstraße umgetauft) Am 23.9.1947
erhielt jetzt der ganze Straßenzug den einen Namen "Justus-Brinckmann-Straße".
Zur politischen Erinnerung wurde der Ellerweg in der Eschenhofsiedlung
nach dem im KZ umgekommenen ehem. Bergedorfer Bürgervertreter Carl-Hans
Boldt (1887-1945) in Boldtstraße umgeändert. Bergedorfs
kommunistischer Bürgervertreter Ernst Henning (geb. 1892) wurde anlässlich
einer Wahlversammlung in Zollenspieker in der Nacht auf den 15. März
1931 von politischen Gegnern erschossen. Am 26. 2. 1949 wurde die Walter-Flex-Straße
in Ernst-Henning-Straße umbenannt. Zuvor hieß sie Freiweide;
dieser Name "zog um" - ihn bekam die ehemalige Feldstraße.
Auch zwei ehrenamtlichen Leitern und Förderern der Heimatsammlung
des Bergedorfer Bürgervereins wurde bei der großen Straßenumbenennung
um 1950 gedacht: Die Spieringstraße, früher Am Birkenhain,
erinnert an Andreas Spiering (1842-1914) an den Heimatforscher und Begründer
der Heimatsammlung des Bürgervereins. Während der Glaeßweg
(früher Bülowweg, weil an ihm einst die Bülow'sche
Privatschule lag) an Gustav Glaeß (1863-1927) erinnert, der als
Mitarbeiter von Spiering, als Heimatforscher und BBV-Museumsleiter dessen
Arbeit dann fortführte.
Der Arnoldistieg erinnert an den Stifter des Altersheimes Jochimsthal.
Joachim Arnoldi war von 1661 bis 1684 Amtsschreiber in Bergedorf und hinterließ
der Bergedorfer Kirche die bis heute tätige Stiftung Jochimsthal.
Augustastraße und Kaiser-Wilhelm-Platz gehören
zusammen; sie erinnern an die Liebe und Treue einiger Kaisertreuer Bergedorfer
zu Kaiser Wilhelm I. (Denkmal) und seiner Gemahlin, der Kaiserin Augusta.
In der Nähe des Denkmals an der Bergedorfer Schloßstraße
steht im Park jetzt seit etlichen Jahrzehnten das Bismarckdenkmal. Auch
nach ihm war in Bergedorf eine Straße benannt, die vor Jahrzehnten
in Hermann-Distel-Straße umbenannt wurde. Der über Hamburg
hinaus tätige Architekt Christian Hermann Distel, (1875-1945) wohnte
damals in der Bismarckstraße (neben der Hansa-Schule); seit
1949 trägt die Straße seinen Namen. Distels architektonisches
Werk (meistens als Architekturbüro Distel & Grubitz) umfasst
etwa 200 Bauten und Projekt, davon zahlreiche Krankenhäuser. Durch
seine Arbeit "Bergedorfer Stadtbaufragen" machte er sich auch
um die örtliche Stadtbildgestaltung, wie u.a. anlässlich des
Vierlandenstraßen-Durchbruchs, verdient. Zahlreiche Distel-Arbeiten
führt der Berliner Architekt Dr. Peter Pawlik in seiner neuen Veröffentlichung
"Von Bergedorf nach Germania" auf. Bei der Recherche 2007/09
wurde er u. a. vom Archiv Ludwig Uphoff unterstützt.
Die Chrysanderstraße hieß bis zur großen Straßenumbenemnung
Brauerstraße; an ihrem Ende lagen die Vereinsbrauerei, die
Brauereikeller und die Brauereiteiche. An der damaligen Brauerstraße
wohnte der weltbekannte Musikgelehrte Friedrich Chrysander (1826-1901),
der Händels Werke bearbeitete und verlegte. Bergedorf gab der Straße,
an der er einst wohnte, 1949 seinen Namen. Hier ein eingeschobener Hinweis:
Der Straßenteil zwischen den Schranken hieß im Volksmund Hundebaum,
die ganze Gegend "Beim Hundebaum". Das Wort "Hunt"
so müsste es eigentlich heißen, ist ein altes Ackermaß.
Danach würde das Wort Hundebaum auf einen den Weg zu diesem Ackerland
versperrenden Baum hinweisen. Bergedorfs früher Geschichtsschreiber
Stanau (s. Geschichte der Stadt Bergedorf, 1894) weist darauf hin, dass
es um 1600 ein nicht mehr zu ermittelndes Gelände "vor dem Ronnebaum"
bei Bergedorf gab. Da es ein mitteldeutsches Wort "ronne" für
Baumstamm gab, deutet das zu Hundebaum verstümmelte Ronnebaum auf
einen Grenzpfahl, beziehungsweise Schlagbaum. Diese Worterklärung
für denselben Namen mag deutlich machen, vor welchen Schwierigkeiten
man steht, wenn man einen Namen deuten muss!
Der Elisabeth-Thomann-Weg wurde nach der Heimatdichterin Elisabeth
Thomann (1856-1919) benannt. Von ihr stammt u.a. das von den Bergedorfern
einst als Nationallied gesungene "Uns Bardörp is doch schön".
2003 wurde die fast vergessene Melodie, über die gerade eingerichtete
Internetseite des Bergedorfer Bürgervereins, wieder der Öffentlichkeit
vorgestellt. Und danach von anderen Musikgruppen nachempfunden und als
Filmmusik verwandt!
Die Graustraße erhält die Erinnerung wach an Carl Grau
(1854-1935), dem verdienstvollen Förderer der Händelmusik, Mitgründer
der Hasse-Gesellschaft und langjährigem Dirigenten des Bergedorfer
Hasse-Chores.
An den Erzieher, Politiker und Kunstfreund Hans Matthießen (1876-1944)
erinnert die Hans-Matthießen-Straße. Volle 38 Jahre
hat er an Bergedorfer Schulen gewirkt. 1919 übernahm er die damalige
Hilfsschule. Er leitete Kurse für Sprachbehinderte, war durch viele
Jahre liberaler Bürgervertreter im damaligen Stadtparlament. Als
Kunstfreund führte er Ausstellungen von Malern, Graphikern und Bildhauern
durch. Nicht vergessen sei, dass vornehmlich auf seine Anregung die ehemalige
Öffentliche Bücherhalle am Rathaus entstand (seit 2007 steht
hier der Neubau des WBZ).
Die Ida-Boy-Ed-Straße: An ihrem Geburtshaus "Am Brink
10" ist eine Gedenktafel angebracht. Ida Ed wurde 1852 in Bergedorf
geboren und starb im Alter von 76 Jahren in Lübeck. Ihr Vater, Christoph
Marquard Ed (1809-1885) übernahm im April 1842 die "Bergedorfer
Sonntagszeitung" und führte sie unter dem Namen "Bergedorfer
Wochenblatt und Eisenbahnzeitung" weiter, bis er 1865 nach Lübeck
umsiedelte und dort die "Eisenbahnzeitung" herausgab. Ida-Boy-Ed
war um die Jahrhundertwende eine der angesehensten Schriftstellerinnen
Deutschlands und starb 1928.
Der Schmidtweg heißt nach Bernhard Schmidt (1879-1935), dem
Erfinder des weltbekannten Spiegelteleskops. Direktor Prof. Schorr holte
ihn 1925 an die Bergedorfer Sternwarte. Die von Schmidt entwickelten Spiegelteleskope
gehören zur Ausrüstung vieler Sternwarten. Auf dem Bergedorfer
Friedhof liegt seine Grabstelle in Sichtweite zum "1-m-Spiegel".
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Straßennamen nach Baulichkeiten
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Straßen werden auch nach Bauten oder der anliegenden Funktion benannt.
So erinnern die heute noch gebräuchlichen Straßennamen an alte
Zeiten:
Der Kupferhof deutet auf einen Kupferhammer, der vor 400 Jahren
am Überfall des aufgestauten Blickgrabens in den Schleusengraben
betrieben wurde. 1545 erhielt der Hamburger Patrizier Matthias von Emersen
vom Hamburger Ratsherrn Ditmar Koel, der von 1542 bis 1548 Amtsverwalter
auf Haus Bergedorf war, die Erlaubnis, dort eine Kunstmühle zu errichten,
jedoch der "städtischen Kornwassermühle kein Wasser zu
schmälern". Ferner durfte er kein "Kraut" mahlen,
also keine Pulvermühle errichten. Diese Mühle war zeitweise
Kupfermühle und somit Pate des Straßennamens.
Der Name Bergedorfer Schloßstraße bedarf keiner Erläuterung,
ebenso ist der Name Am Bahnhof sowie Am Güterbahnhof
verständlich, da an diesen Straßen zwei der Bergedorfer Bahnhöfe
liegen. Frascatiplatz erinnert an das ehemalige Wirtshaus am ersten
Bergedorfer Bahnhof von 1842 (das ehem. Kassen- und Wärterhaus steh:
Neuer Weg 54), welches den Namen "Frascati" führte.
Die Straße Wachsbleiche erhält die Erinnerung an eine
Fabrik am Schleusengraben wach.
Die Hude führte von der alten Hauptstraße (einst Sachsenstraße,
dem östl. Teil des heutigen Sachsentors) zum Lagerplatz am
Schleusengraben. Es gab die städtische Hude und die Amtshude.
1477 kaufte der Rat "to des blekes vryheit to ewighen tyden"
d. h. "Zu des Ortes Freiheit auf ewige Zeiten" diesen Platz
und machte ihn zum städtischen Lagerplatz. Es wurde der Lösch-
und Lagerplatz der Bergedorfer Schiffer und Holzhändler (daher noch
der Name Holzhude beim Lichtwarkhaus). "Hude" bedeutet
umhegter, gesicherter Lagerplatz, in der Regel am Wasser. Es sei nur auf
die bekannten Ortsnamen Tesperhude und Winterhude hingewiesen. Der alte
Straßenzug Hude hieß um 1600 noch "by de Hude";
er reichte vom Schiffwasser bis zum heutigen Sachsentor. Der Name
Specken, eigentlich "Speeken", läßt erkennen,
dass dieser viel befahrene Weg zur Hude am Schiffwasser / Schleusengraben
einen Belag von Holzbohlen hatte, wie sie früher noch bei allen Auf-
und Abfahrten zu Baugruben üblich waren, um ein Einsinken der schwer
beladenen Wagen in den Grund zu verhüten. So sind "Specken-Wege"
(Speichen-, Buschwerkwege) eine Erinnerung an die bronzezeitlichen Bohlenwege,
wie sie u.a. in den Mooren im Norden Hamburgs gefunden wurden. Auch die
alte Rothenhauschaussee zur Horst war einst ein Bohlenweg über
das moorige Land nördlich der Brookwetterung.
Der Möörkenweg führte an niedrigen Billewiesen nördlich
des Gehölzes vorbei. Um 1704 sprach man hier vom "großen
und kleinen Möörken" und zu-
vor um 1620 von den feuchten "Radewiesen" (wohl des Rates Wiesen).
Auf den stadtnahen niedrigen Billewiesen wurde 1926/29 die Badeanstalt
gebaut. Der Straßenname Reetwerder erinnert an den alten
Zustand.
Die Bezeichnung Brauerei-Teiche, an denen der Bille-Wanderweg vorbeiführt,
erinnert daran, dass auf diesen Teichen an der heutigen Chrysanderstraße
(einst Brauerstraße!) die 1863 gegründete "Bergedorfer
Vereins-Brauerei" ihr Eis für die Kühlung des in den Kellergewölben
des Hangs eingelagerte "Bergedorf-Beer" gewann.
Der Anfang der Holtenklinker Straße hieß früher
Brunnenstraße. Am Abhang der Justus-Brinckmann-Straße
war eine Quelle. Sie galt, um 1730 als Gesundbrunnen und wurde von Heilungssuchenden
aus Hamburg und aus der ganzen Umgebung aufgesucht. Es bildete sich dort
sogar eine Barackenstadt, bis nach einem Jahrzehnt der ganze Zauber zerstobt.
Die Straße Unterm Heilbrunnen trägt in ihren Namen die
Erinnerung an jene Zeit. Eine Quelle tritt noch heute neben der Treppe
bei Holtenklinkerstraße 65/67 aus dem Geesthang aus. Als
besonderer Straßenname möge hier noch Lampenland genannt
werden, ein Straßenzug in der Eschenhof-Siedlung. Dies Land gehörte
einst der Bergedorfer Kirche; der Erlös aus der Verpachtung sollte
dazu dienen, die Unterhaltung der "Ewigen Lampe" in der damals
noch vorreformatorischen Zeit sicherzustellen.
Weidenbaumsweg erinnert an die Tage, da der Kamp, das von Schleusengraben,
Kampbille und Bille umschlossene große dreieckige Landstück,
noch Gemeinweide der Bergedorfer Ackerbürger war und hier ein Schlagbaum
das Weidegebiet abschloss.
Der heutige Wiebekingweg hieß noch vor Jahrzehnten Kuhberg.
Er führte von der Kirche als etwa 6 m breite Straße zwischen
den historischen Gasthöfen "Stadt Hamburg" und "Stadt
Lübeck" zum Markt. Nach dem Durchbruch der Vierlandenstraße
zu Ende der 1920er-Jahre begann der Kuhberg erst an der Durchfahrt
in der Vierlandenstraße. Der Platz, auf dem der Gasthof "Bremer
Hof" steht, war ursprünglich frei. Hier scheint der Stadthirte
das Weidevieh der hiesigen Ackerbürger gesammelt zu haben, um es
auf die Kampweide zu treiben. Der Name "Markt" im Zentrum des
alten Städtchens - heute Bergedorfer Markt - bedarf keiner
weiteren Erklärung. Hier stand auch einst die Schandsäule (der
Pranger, der Kaak), wie auf der Frese-Karte von 1593 zu erkennen ist,
und wie es im Museum auf dem Stadtmodell "Bergedorf um 1600"
auch dargestellt ist.
Zur falschen Geschichtsdarstellung verführte auch oft der Name Brink:
Er wurde als Ortsmittelpunkt gedeutet und daraus abgeleitet, dass hier
einst der Mittelpunkt Bergedorfs lag. Wir wissen, dass der Name "Brink"
aber im ältesten Bergedorfer Stadtbuch von 1437 bis 1495 nicht auftaucht,
vielmehr findet sich die Ortsbezeichnung "Brink" zuerst 1842
im Bergedorfer Grundbuch. erwähnt. Hier, außerhalb der Stadt,
siedelten die sog. Brinksitter, also Einwohner, die keine Ackerbürger
der eigentlichen und vom Blickgraben umschlossenen Stadt waren und kein
Anrecht an der Gemeindeweide (der Allmende) hatten. Dazu schreibt 1888
Rat Voigt in seiner Bergedorfer Topographie: "Auf einer aus dem Jahre
1780 vorhandenen Skizze begegnet uns die Bezeichnung Neue Straße
vor Zeiten gen. Bütteltwiete". Es wird danach vermutlich einige
Zeit vorher die Twiete zu einer Straße ausgebaut worden sein.
Der Neue Weg diente als Zufahrtsweg für Fuhrwerke vom östlichen
Sachsentor (der ehem. Sachsenstraße) zum Curslacker
Neue Deich. Heute führt nur noch der südliche Teil der Straße
den Namen Neuer Weg, denn sie ist durch die Bergedorfer Straße
in zwei Stücke geteilt - und hier an der Brookwetterung endete einst
das Gebiet des alten Städchens Bergedorf. Somit lagen 1842 der erste
Bahnhof und der Frascatiplatz schon auf Curslacker Gebiet. Seine
große Bedeutung gewann der Neue Weg mit dem Bau des Bahnhofs
der Bahnstrecke von Hamburg-Deichtor bis Bergedorf-Frascati. Als Straßenname
sei noch Am Schiffwasser genannt; eine Kaistraße am uralten
Bergedorfer Hafen, dem Seitenarm des Schleusengrabens. Benachbart liegt
seit 1962 das Lichtwarkhaus; eins der sog. Hamburg-Häuser.
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Straßennamen nach hist. Flurbezeichnungen
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Karte von Bergedorf 1810 - Ausschnitt
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DATEI :strassen-1810-BD-Ausschnitt.jpg (410 KB)
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Auch in Bergedorf finden sich in Straßennamen mehr alte Flurbezeichnun-gen,
als man zunächst vermutet. Ein Blick in historische Karten des Vermessungsamtes
(heute: Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung) zeigt z. B. ihre
Lage, aber auch andere Veröffentlichungen helfen weiter:
Für Pool, Pollhof und Pollhofsbrücke liegt
dasselbe Wort zugrunde "pool" = Pfuhl. Der Name Pool wurde
bereits erwähnt. Pollhof ist der Name eines Gehöftes
an einem Pfuhl im niedrig gelegenen Brook im ehemaligen Curslack und der
Weg dorthin führte über die Pollhofsbrücke.
Unter Brook, vergleiche Grasbrook und Hammerbrook, verstand man einst
uneingedeichtes Gebiet ani Fuße der Geest. Bei uns wird dieser Brook
entwässert durch die Brookwetter. Um ein Eindringen des Geestwassers
in die Vierlande zu verhindern, wurde bei der Eindeichung von Curslack
und Altengamme ein kleiner Sperrdamm, ein kleiner Deich geschüttet.
Er heißt im Bergedorfer Teil Brookdeich und in Altengamme
Horster Damm. Von der Hauptstraße führt die Brookstraße
über den Brook zum Brookdeich.
Im Westen der Stadt lag der Kamp im Winkel zwischen Schleusengraben,
Kampbille und Bille. Er war früher Allmende und von
den Ackerbürgern Bergedorfs gemeinsam bewirtschaftet bzw. durch deren
Vieh beweidet. Zu ihm führte früher die Schweinebrücke.
Sie ist auf dem Freese-Plan von 1593 noch als "Swinebrug" bezeichnet
und lag am Überlauf 'vom Schleusengraben zur "Olden Bille",
der Oberbille. Dieser Überlauf lag damals neben dem heutigen Gasthof
"Zum Anker" am Ende der Serrahnstraße. Der Name
läßt, erkennen, dass über diese Brücke der Sween,
der Schween, also der Schweinehirte auf den Kamp trieb. Die Verlängerung
der Alt-Bergedorfer Hafenstraße, der Serrahnstraße,
war der Kampdeich.
Als Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts die Chausseen
nach Wentorf-Schwarzenbek (Wentorfer Straße) und über
Sande - Lohbrügge - Boberg nach Hamburg gebaut wurde, er richtete
der Dänenkönig an der Ecke der damaligen Billwerder Straße,
gegenüber dem Geschäft von Demmin ein "Zollhaus" und
ließ es mit seinem Wappen schmücken. Das Haus mit Königswappen
stand dort, wo sich heute die Apotheke im Marktkauf-Center befindet. Um
diesen Durchgangszoll zu umgehen, baute das Amt Bergedorf 1838 eine feste
Straße, die Kampchaussee, über den Kamp zum Heckkaten
im hamburgischen Billwerder. Zu diesem Anlass wurde 1837 dann das ehem.
"Gasthaus zur Sonne" um 90 Grad gedreht, da es der neuen Straße
im Wege stand. Es erhielt nun seine Front zur "Kampstraße"
(heute Weidenbaumweg). Die Verlängerung dieser Straße,
jenseits der Eisenbahn, hieß deshalb auch Kampchaussee; ab
1998 Kurt-A.-Körber-Chaussee nach dem ehemaligen Fabrikbesitzer
der Hauni-Werke.
Der heutige Weidenbaumsweg, als umbenannte Kampstraße,
ist zweigeteilt: der östliche Teil liegt zwischen Alte Holstenstraße
und Bahnhof und der westliche Teil zweigte dort von der "B 5"
ab, wo die alte Kampstraße zur Kampchaussee wurde
und geht bis zur Randersweide bzw. Kampbille.
Ende der 1940er-Jahre wurden die Straßennamen Bult (ehem.
Immelmann-straße, Schulstraße), Sichter
(ehem. Lübecker Straße, Hauptmannstraße),
Duwockskamp (ehem. Richthofenstraße) vergeben. So
ist "Bult" eine kleine Erhöhung, ein Grashaufen;
man nennt entsprechend eine Kartoffelpflanze beim Ausheben "Kartoffelbulte".
Bult ist aber auch eine kleine Anhöhe. "Sichter"
dagegen bedeutet eine sumpfige, feuchte Stelle im Acker. Man merkte es
beim Bau des "Haus im Park" (1977 eingeweiht), dass der Standort
einst ein Teich war. Ein Vorab-Blick in eine alte Karte hätte geholfen!
"Duwockskamp" ist ein Flurstück, das reichen Bewuchs
mit Duwock zeigt. Duwock ist die niederdeutsche Bezeichnung für Schachtelhalm.
Steinkamp ist ein mit vielen Steinen besäter Acker. Grasredder
ist ein frei gewählter Name an Stelle des alten Straßennamens
Grasweg. Da es in Winterhude schon einen älteren Grasweg gab
und in Hamburg kein Straßenname zweimal auftreten sollte, wählte
man für Bergedorf als ähnlichen Namen "Grasredder",
obgleich dieser Straßenzug nie ein "Redder" war, nie auf
beiden Seiten Knicks trug (historisch also nicht korrekt)!Ebenso ist der
Name Reeperstieg ein Ersatz für die vormalige Bezeichnung
Reeperbahn. Ob man wohl befürchtet, dass ein Fremder, der in Bergedorf
nach der Reeperbahn fragte, nach St. Pauli statt zum Mohnhof verwiesen
würde?
Alte Flurnamen in der Nähe des Bergedorfer Gehölzes sind noch
Doktorberg, Pfingstberg und Pannerstieg: Am Rande
des Gehölzes lag ein Hügelgrab. Hier verweilte gern der Bergedorfer
Bürger Dr. med. und kaiserlich russischer Hofrat Thode. Auf einem
Spaziergang erlitt er hier am 3. Mai 1797 einen Schlaganfall. Zur Erinnerung
an dieses tragische Ereignis erhielt der Hügel den Namen Doktorberg.
Eine weitere Straße am Gehölzrand trägt den Namen Pfingstberg.
Der Name erscheint bereits auf der alten Flurkarte von Schade aus dem
Jahre 1690. Die Bedeutung ist noch nicht geklärt. Einige Forscher
wollen den Namen auf Finkenberg zurückführen. Stoffert erwähnt
in seiner Lebenserinnerung, dass dort die Bergedorfer ihre "Pfingshöge"
im Grünen abhielten. Kummer machte den Anwohnern der Straßenname
Pannerstieg. Panner heißt ja hochdeutsch "Pfänder"
und erinnert stark an den Gerichtsvollzieher! Nichts von allem: Der Panner
war der städtischer Flurwächter. Er war der verpflichtet weidendes
Vieh, das in Privatgrundstücke oder in das Gehölz eingebrochen
war, zu pfänden und in den städtischen Pfandstall zu treiben.
Dort musste es von seinem Eigentümer gegen Pfandgeld wieder ausgelöst
werden. Der Pannerstieg war damit der Grenzsteig gegen das Gehölz,
den das Vieh ohne Gefahr der Pfändung nicht durchschreiten durfte.
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Hier finden Sie eine neuartige Präsentation, die heutige und ältere
Bergedorfer Straßennamen erklärt und in Bild + Karte
zeigt. Das Text-Material stammt aus dem Archiv Ludwig Uphoff, dem Staatsarchiv
Hamburg, dem Bezirksamt Bergedorf und Privatpersonen. In Zusammenarbeit
verschiedener Programmentwickler, alle sind Mitglied im Bergedorfer Bürgerverein,
entstand diese Präsentation.
Diese Ergänzung des stadtteilgeschichtlichen Internetauftritts www.bergedorf-chronik.de
wird unterstützt vom Bezirksamt Bergedorf
(Projektförderung 850-Jahre- Bergedorf).
 
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Nachsatz: Diese Straßennamen-Beschreibung von Ludwig Uphoff
erschien erstmals um 1950 in den Lichtwarkheften und um Straßennamen
im weiteren Stadt- und Landgebiet erweitert ab 1962 als Serie in der "Bergedorfer
Zeitung".
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