Der folgende Text stammt von dem Bergedorfer Heimatforscher Ludwig Uphoff (1894-1970) und wurde von ihm zuletzt 1966 in einer bz-Serie veröffentlicht. Gerd Hoffmann hat diese Artikel 2008 für das 2009 erschiene Heimatarchiv-Buch "Ludwig Uphoffs Bergedorf / Geschichten aus der Geschichte eines Hamburger Stadtteil" aktualisiert.

Hier ein Auszug:
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Bergedorf um 1600 nur ungefähr 100 Häuser und rund 1000 Einwohner und das benachbarte Lohbrügge noch ein Bauerndorf mit zwei Katenstellen, nämlich Ladenbek und Sande, war, so wird man verstehen, dass es damals kaum echte Straßennamen gab. Zwar findet man im Stadtbuch Bergedorfs aus den Jahren 1437-1495 (es gilt auch mit als ältestes Grundbuch) bereits Ortsbezeichnungen, um die Lage der aufgeführten Grundstücke genauer beschreiben zu können. Diese aufgeführten alten Ortsbezeichnungen sind z.B.: Lampenland, by dem Graven (heute: Hinterm Graben), by dem Halen Wege (Hohler Weg), Hude, Kobergh (ehemaliger Kuhberg, heute: Teil des Wiebekingwegs / Vierlandenstraße), Markt, by dem Schulenbroke, Visdik (alter Teich im Rathauspark), by dem Wenttorper Hohweghe (als Landstraße nach Wentorf). Alles Namen, die uns noch heute zum Teil erhalten

Die Erklärung dafür, dass damals Straßennamen im täglichen Gebrauch im Städtchen Bergedorf nicht üblich und notwendig waren, ist einfach nachvollziehbar: Auf dem kleinen bewohnten Gebiet, welches der Blickgraben umschloss und das sich vom damaligen Holstentor neben der Kirche bis zum Sachsentor vor der Hude erstreckte, waren Straßenbenennungen unnötig. Denn jeder kannte den anderen und wußte, wo er wohnte.
Der wohl bereits gepflasterte Verbindungsweg zwischen den beiden Stadttoren, den die fremden und der Hamburger Kaufleute als Durchgangsstraße durch Bergedorf befuhren, wurde allgemein als die Strate bezeichnet, später Große Straße genannt. Sie ist der westliche Teil der heutigen Fußgängerstraße Sachsentor. Man beachte hier die amtliche Unsinnigkeit, diese historische Durchgangsstraße als "Tor" zu bezeichnen.

Sachstentor im Wandel

Als nun das Städtchen wuchs und sich auch vor den damaligen Toren und dem Blickgraben, dem alten Graben um den Bleek, d. h. Ort, ausbreitete, wurden die Tore verlegt. Das alte Holstentor rückte um 1601 ans andere Ende des Mühlendammes bis zum Serrahn vor. Der so zur Stadt hinzugekommene Straßenteil erhielt später den Namen Holstenstraße, weil er ins Holsteiner Land führte. Das Sachsentor wurde um 1620 vom Blickgraben bis etwa zur Einmündung der heutigen Chrysanderstraße vorgezogen; vorher war hier schon ein Schlagbaum. Dieser Straßenzug erhielt nun bald, entsprechend der westlichen Verlängerung als Straße die nach Sachsen-Lauenburg führte, den Namen Sachsenstraße. 1949 wurden Große Straße und Sachsenstraße zur Straße Sachsentor zusammen gefaßt und sind seit 1971 eine Fußgängerzone. Diese alte Hauptstraße beginnt auch nicht mehr am ehem. Mühlenwasser beim Hasse-Haus sondern erst bei der Vierlandenstraße. Kirche, Hasse-Haus und ehem. Stadtwassermühle wurden zur Holstenstraße hinzugezogen, die nunmehr bis zum Lohbrügger Marktplatz sich erstreckt und Alte Holstenstraße genannt wurde zum Unterschied von der Holstenstraße beim Bahnhof Holstenstraße in Altona. Schon früh hatte man, wie man auch auf der Frese-Karte von 1593 deutlich sehen kann, an der Durchgangsstraße einen Platz ungefähr in der Mitte der alten Hauptstraße als Marktplatz freigelassen. Für den heutigen Besucher ist Bergedorfer Markt, gelegen an der Südseite des Sachsentors, ein beliebter Treffpunkt in der Einkaufsmeile geworden.

 
Bergedorf aus dem Hubschrauber 2009

Straßennamen nach ihrer Lage

Als im 17. Jahrhundert das Städtchen wuchs und außerhalb des eigentlichen Stadtkerns neue Straßen entstanden, wählte man deren Namen oft nach ihrer Lage. So wurde, wie im 15. Jahrhundert schon der Name "by dem Graven" (heute Hinterm Graben) oder "by dem Schulenbroke" (heute Schulen-brooksweg) auftauchte, in späterer Zeit der Zugang zum Steg über die Brookwetterung Am Hohen Stege benannt. In den Brook zwischen der Brookwetter und der Landstraße führte die Brookstraße, während der Deich südlich der Brookwetter den Namen Brookdeich hatte. Der Platz um einen Teich im Brook erhielt den Namen Am Pool, während eine Straße an der Brookwetter den alten Namen für eine Wetter bekam und Wetteringe, benannt wurde. Das Wasser hieß Wetter, weil es das Wasser von der Geest und das Wasser der Niederschläge in den Brook aufnahm und, vom Brookdeich gesäumt, von den Vierlanden fernhielt.

Als 1208 durch das Billedelta (etwa vom heutigen Serrahn-Wehr bis zur Kirche) ein Damm geschüttet wurde, entstand oberhalb des Damms das heutige Billebecken als Mühlenteich für die Kornwassermühle. Da bei viel Oberwasser der Bille ein Stauwerk nötig wurde, entstand am Westende des Mühlendammes der Serrahn. Das Wort Serrahn ist slavischen Ursprungs und bedeutet "Aalfang". Über den Serrahn führt die "Serrahnbrücke" im Zuge der Alten Holstenstraße, und neben dem Serrahn liegt die Serrahnstraße.

Boberger Furtweg und Ladenbeker Furtweg führten zu alten Billefurten, zu Übergängen nach Billwerder. Boberg ist ein uraltes Dorf, Ladenbek eine Katensiedlung des Dorfes Lohbrügge. Der Heckkatenweg erinnert an die alte hamburgische Grenzbefestigung am Ende des alten Billwerder Billdeiches gegenüber dem Oberen Landweg. Das Gasthaus Heckkaten liegt östlich der einstigen Heckkaten-Schanze. Die Billwerder Straße führte von Alt-Sande nach dem Heckkaten. Die Straße ist auf den Flurkarten Ausgang des 18. Jahrhunderts bereits vorhanden.
Die Sander Tannen waren einst viel größer: Sie reichten bis zur Straße An den Tannen. Ende des vorigen Jahrhunderts vernichtete ein Feuerschaden den östlichen Teil des Forstes; danach wurde dies Gebiet nicht wieder aufgeforstet. Hier wurden für die Lohbrügger Kirche und den Friedhof Gelände ausgewiesen - und später entstand hier das Lohbrügger Villenviertel.
Hofweide ist ein Straßenzug über eine ehemalige Viehweide eines Lohbrügger Bauerngehöftes. Der Steinbeker Grenzdamm in Boberg bildet die Grenze zwischen den früheren Dörfern Boberg und Kirchsteinbek. Unterberg und Langberg, deuten auf die Lage der Straßen am Geesthang. Die Lohbrügger Landstraße ist die Hauptdurchgangsstraße durch den Ort. Sie hat ihre Entstehung in der Hammer und Homer Landstraße.

Die Holtenklinker Straße führt vom Brink zur Holtenklinke, einem damaligen Wachhaus mit Schlagbaum bzw. Schranke am Curslacker Heerweg. Dieser war durch Jahrhunderte der Zugangsweg zur alten Fähr- und Zollstelle Zollenspieker. Über diese Straße nahmen die Reisenden ihren Weg "ins Reich". Heerweg ist eine alte Bezeichnung für Hauptlandstraßen.
Der Curslacker Heerweg wurde 1568 vom Bergedorfer Amtmann Johann Möller angelegt und war Ausweichstraße zum älteren Curslacker Neuer Deich.Und die um 1930 als Durchbruchs- und neue Duchgangsstraße angelegte Vierlandenstraße ist die Hauptverbindungsstraße vom Alt-Bergedorfer Zentrum - weiter über Curslacker Neuer Deich - in Richtung Vierlanden.
Die Verlängerung der Holtenklinker Straße ist die Rothenhauschaussee. Sie führt zum alten Grenz- und Zollhaus des Herzogtum Lauenburg in Börnsen.
Die Wentorfer Straße wurde als Poststraße nach Wentorf im Jahre 1837 angelegt. Der alte Weg nach Wentorf führte, über den Hohler Weg oder über den Glindersweg (Glinde, Glinders bedeutet durch einen hölzernen Zaun abgegrenztes Flurstück). Dass der Gojenbergsweg zum Gojenberg bzw. über den Gojenberg führte, bedarf kaum der Erwähnung. Zum benachbarten Reinbek führt der Reinbeker Weg von Bergedorf durch das Gehölz - aber auch die alte Heerstraße über Boberg-Lohbrügge, der Reinbeker Redder. Das Grundwört Redder, das häufig in hiesigen Straßennamen vorkommt, bedeutet, dass sich links und rechts des Weges ein Knick befand, der alte 5 bis 7 Jahre abgeschlagen (also geknickt) wurde.

 
Historische Karte

 

Orgfixplan von Bergedorf 1928

 

 

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  Ansehen
 

Straßennamen nach ehem. Grundeigentümern

Nach vormaligen Grundeigentümern sind nur wenige Straßen in Bergedorf benannt. Die Straße Hulbepark liegt auf dem ehemaligen Grundstück des Kunstgewerblers Georg Hulbe (1851-1917), der hier 1896 in Bergedorf eine ungewöhnlich gestaltete Villa am Pfingstberg (damals: Hochallee 3 "Villa Waldheim") bewohnte und 1910 ein reich geschmücktes Kunstgewerbehaus (genannt: Hulbehaus) an der Mönckebergstraße 21 bauen ließ.
Kiehnshecken ist der neue Name für den ehemaligen Heckenweg. Kiehn war eine alteingesessene Familie. Die Klaus-Schaumann-Straße auf der Nettelnburg ist nach dem letzten Eigentümer des Gutes Nettelnburg benannt worden. Schaumann lebte von 1807 bis 1880, bis 1841 war sein Bruder Henning Mitbesitzer des Gutes.
Eine beim Bau der Bergedorfer Straße Anfang der 1950er-Jahre niedergelegte Durchgangs-Passage zwischen den Alt-Bergedorfer Straßen Neuer Weg und Töpfertwiete trug nach ihrem Erbauer den Namen Krützmanns Passage. Der Möllers Kamp hieß vor Jahrzehnten Karolinenstraße. Um Verwechslung mit der hamburgischen Karolinenstraße zu vermeiden, wurde 1948/49 umgetauft und nach einem Vorbesitzer der Gegend, Claus Möller (1735-1770) in "Möllers Kamp" umbenannt.

Der Schlebuschweg erhielt seinen Namen nach der Bergedorfer Ratmanns- und Prokuristenfamilie (Anwalt und Notar) Schlebusch. Sie erwarb viele sandige Geestäcker und wurde Gründer des Bergedorfer Villenviertels. Carl Schlebusch (gest. 1852) und sein Sohn lwan (1805-1885) waren beide als Ratmann in Bergedorf tätig und in höchstem Maße daran beteiligt, dass Bergedorf in der zweiten Hälfte des 19. Jh. auch als Kur- und Badeort galt.
An die Zeit der Eroberung Bergedorfs durch die Städte Lübeck und Hamburg im Jahre 1420 erinnert die Dietrich-Schreyge-Straße. Er fiel bei der Eroberung des Schlosses "an Sunte Margarethen-Avende". Ein Replit seines Grabsteins steht im Schlosshof. Der Hans-Freese-Weg durch den Schlosspark hält, die Erinnerung wach an den "Artoreleymeister Hans Freese", der am 16. Oktober 1593 den ersten Plan von Bergedorf fertig gestellt hat. Eine Nachbildung des Planes und ein nach diesem Plan geschaffenes Modell von Bergedorf befinden sich im "Museum für Bergedorf und die Vierlande".

An einen weithin bekannten Bergedorfer erinnert die Hassestraße. Johann Adolf Hasse wurde am 23. 3. 1699 im sog. Organistenhaus, dem Hasse-Haus, neben der Kirche geboren. Er war u.a. von 1731-1764 Hofkapellmeister in Dresden und starb am 16. 12. 1783 in Venedig (1999 wurde der Platz vor seinem Geburtshaus als Johann-Adolf-Hasse-Platz benannt; dadurch erhielten auch anliegende Bauten neue Adressen).

 

Straßennamen nach ehemaligen Amtsverwaltern

An ehemalige Amtsverwalter sollen uns die nachfolgenden Straßennamen erinnern: Schuldorfstraße, Vinhagenweg, Reimboldweg und Wiebekingweg. Schuldorf war der erste Bergedorfer Amtsverwalter (1586-1657). Sein Grabstein steht an der Bergedorfer Kirche.

Rothard Vinhagen erbaute den Fachwerkteil des Bergedorfer Schlosses, wie uns die Inschrift im Schlosshof berichtet: "1661 HAT AVF DERE E STEDTE LVBECK VND HAMBVRG VERORDNVNG HERR ROTHARDT VINHAGEN AMPTS VERWALTER DIESES HAVS BAWEN LASSEN". So leitete Vinhagen von 1657-1677 die Geschicke des Amtes Bergedorf; also des Städtchen Bergedorf mit den Vierlanden und dem Dorf Geesthacht /Elbe.

Johann Reimbold war von 1677 bis 1713 in Bergedorf und ließ nach 1679 in der Kirche die südliche Altarempore erbauen. Laurenz Wiebeking war von 1713 bis zu seinem Tode 1734 Amtsverwalter; sein Grabstein steht neben dem Turmeingang unserer St.-Petri-und-Pauli-Kirche.

 

Straßennamen nach Bergedorfer Bürgermeistern

Die nachfolgend genannten Straßen tragen die Namen von Bergedorfer Bürgermeistern: Corthumstraße nach der Familie, die von 1563 bis 1704 durch drei Generationen Pastoren und Bürgermeister stellte. So wurde z.B. Joh. Corthum (1642 bis 1725) 1699 und 1723 Ratsherr und war Meister des Amtes der Chirurgen. Daniel-Hinsche-Straße nach Hinsche (1771-1848); er wurde 1815 Ratmann und 1528 Bürgermeister. Während seiner Regierung kam 1831 der (alte) Friedhof auf den Gojenberg; heute ist an Stelle des Friedhofes die Parkanlage bei der St.-Michael-Kirche. 1839 gründete er einen sog. Brotverteilungsverein zur Unterstützung "...verschämter Armer". Neben Ratmann Schlebusch war Hinsche eifriger Förderer des Eisenbahnprojektes Hamburg-Bergedorf. Auch unter dem Namen "Winfried" genoss er als Dichter weites Ansehen. Ernst-Mantius-Straße: Mantius (1838-1897) half großzügig, das Bergedorfer Villenviertel zu erschließen. Er gründete u.a. die städtischen Betriebe: Wassserwerk, Kanalisation, Müllabfuhr und E-Werk. Auf seine Anregung entstand 1893 nach einer Ausstellung die "Heimat-sammlung des Bergedorfer Bürgervereins von 1847 "; seit 1953/55 bildet sie den Grundstock des Museum im Schloss.

Gräpelweg, früher Hansastraße, weil sie an der Wentorfer Straße neben der ersten Hansaschule begann (heutige Berufssschule). Sie ist benannt nach der alten Bergedorfer Familie Gräpel, die vom 17. bis 19. Jh. hier ansässig war. Carsten Gräpel war von 1748-1765 Bürgermeister, sein Neffe Jacob Gräpel (1743-1832) wurde 1790 Ratmann und war dann von 1795-1828 Bürgermeister in Bergedorf. Sein Bruder Gerhard war von 1803-1822 Senator in Hamburg.
Die Lamprechtstraße wurde nach der Familie des 1882 verstorbenen Bürgermeisters Dr. Lamprecht benannt. Von-Anckeln-Straße nach einer alten Familie, die im 17. und 18. Jh. in Bergedorf lebte und aus der zwei Bürger-meister hervorgingen: Michael (gest. 1691) und sein Sohn Friedrich Claus (gest. 1721). Letzterer war Meister des Amtes der Chirurgen (Bader und Wundärzte). Das Stammhaus der Familie ist das Haus Sachsentor 19. Es zeigt noch das Allianzwappen, d. h. Wappen von Mann und Frau.
Sellschopstieg nach der Familie Sellschop, die vom 16. bis zum 18. Jh. in Bergedorf lebte. Die Sellschops waren durch Generationen "Chirurgen". Jürgen Sellschop war 1698 Meister des Amts der Barbiere und Wundärzte, 1707 wurde er Ratsherr, und von 1722 bis zu seinem Tode 1735 war er Bürgermeister. Der Wiesnerring erinnert an Wilhelm Wiesner (1868-1834), der von 1919-1931 Bergedorfs Bürgermeister war. In seiner Amtszeit entstand "das neue Bergedorf", gebaut wurden u.a. das Bergedorfer Rathaus, die Badeanstalt, das Amtsgerichtsgebäude, die Vierlandenstraße sowie die Wohnsiedlung Nettelnburg. Der Name Friedrich Franks (1884-1960), der in Bergedorf von 1931-33 SPD-Bürgermeister war, lebt seit 1968 als Friedrich-Frank-Bogen in Bergedorf-West fort. Nach dem 2. Weltkrieg 1945/46 wurde Frank Leiter des Amtes Bergedorf und von 1946-1953 war er Senator.

 

Straßennamen nach bedeutenden Bergedorfern

Paalzow

Ritter

Thomann

Aus den vielen Namen - hier eine Auswahl: An Bergedorfs ersten Postdirektor erinnert der Paalzowweg. Franz Wilhelm Ludwig Paalzow (geb. 1816) Schon 1837 wurde er Vorsteher der Königl. Preuß. Postexpedition in Bergedorf. Einige Jahre später gründete er das beiderstädtische Postamt in Bergedorf, das 1861-67 die unter Briefmarken-sammler so begehrten Bergedorfer Marken herausbrachte. Er trat später in den Dienst der Kaiserlichen Reichspost und starb 1899.
Die heutige Rektor-Ritter-Straße hieß von 1908 bis Anfang der 1950er-Jahre nur "Ritter-Straße". Um sie von der Eilbeker Ritterstraße zu unterscheiden, wurde unser Name ergänzt. Sie hält die Erinnerung an den langjährigen Leiter der Bergedorfer Stadtschule, Georg Friedrich Ritter, wach. Unter seiner Leitung wurde die Schule Am Brink erbaut.
Unter ihrem Direktor Bernhard Schorr (1867-1951) wurde um 1910 die Sternwarte von Hamburg nach Bergedorf verlegt. Der Wanderweg am Geesthang unterhalb der Sternwarte wurde deshalb zu seinem Gedenken als Schorr-Höhe benannt; vorher hieß dieser Teil auch Hermann-Löns-Höhe.
Die Justus-Brinckmann-Straße ist nach dem Gründer des Museums der Kunst und Gewerbe in Hamburg benannt. Prof. Dr. Justus Brinckmann (1843-1915) war langjähriger Bürger Bergedorfs. Interessant ist der Namenswechsel dieser Straße, die von der Holtenklinker Straße bis zum Doktorberg (früher Hohler Weg) führt. 1912 erhielt der alte Fußweg unterhalb des Allgemeinen Krankenhauses den amtlichen Namen Jungfernstieg. 1930 hieß sie Friedrich-Ebert-Straße bis zur August-Bebel-Straße und die Verlängerung Rathenaustraße (der Name Friedrich-Ebert-Straße wurde später in Hindenburgstraße umgetauft) Am 23.9.1947 erhielt jetzt der ganze Straßenzug den einen Namen "Justus-Brinckmann-Straße".
Zur politischen Erinnerung wurde der Ellerweg in der Eschenhofsiedlung nach dem im KZ umgekommenen ehem. Bergedorfer Bürgervertreter Carl-Hans Boldt (1887-1945) in Boldtstraße umgeändert. Bergedorfs kommunistischer Bürgervertreter Ernst Henning (geb. 1892) wurde anlässlich einer Wahlversammlung in Zollenspieker in der Nacht auf den 15. März 1931 von politischen Gegnern erschossen. Am 26. 2. 1949 wurde die Walter-Flex-Straße in Ernst-Henning-Straße umbenannt. Zuvor hieß sie Freiweide; dieser Name "zog um" - ihn bekam die ehemalige Feldstraße.
Auch zwei ehrenamtlichen Leitern und Förderern der Heimatsammlung des Bergedorfer Bürgervereins wurde bei der großen Straßenumbenennung um 1950 gedacht: Die Spieringstraße, früher Am Birkenhain, erinnert an Andreas Spiering (1842-1914) an den Heimatforscher und Begründer der Heimatsammlung des Bürgervereins. Während der Glaeßweg (früher Bülowweg, weil an ihm einst die Bülow'sche Privatschule lag) an Gustav Glaeß (1863-1927) erinnert, der als Mitarbeiter von Spiering, als Heimatforscher und BBV-Museumsleiter dessen Arbeit dann fortführte.

Der Arnoldistieg erinnert an den Stifter des Altersheimes Jochimsthal. Joachim Arnoldi war von 1661 bis 1684 Amtsschreiber in Bergedorf und hinterließ der Bergedorfer Kirche die bis heute tätige Stiftung Jochimsthal.
Augustastraße und Kaiser-Wilhelm-Platz gehören zusammen; sie erinnern an die Liebe und Treue einiger Kaisertreuer Bergedorfer zu Kaiser Wilhelm I. (Denkmal) und seiner Gemahlin, der Kaiserin Augusta. In der Nähe des Denkmals an der Bergedorfer Schloßstraße steht im Park jetzt seit etlichen Jahrzehnten das Bismarckdenkmal. Auch nach ihm war in Bergedorf eine Straße benannt, die vor Jahrzehnten in Hermann-Distel-Straße umbenannt wurde. Der über Hamburg hinaus tätige Architekt Christian Hermann Distel, (1875-1945) wohnte damals in der Bismarckstraße (neben der Hansa-Schule); seit 1949 trägt die Straße seinen Namen. Distels architektonisches Werk (meistens als Architekturbüro Distel & Grubitz) umfasst etwa 200 Bauten und Projekt, davon zahlreiche Krankenhäuser. Durch seine Arbeit "Bergedorfer Stadtbaufragen" machte er sich auch um die örtliche Stadtbildgestaltung, wie u.a. anlässlich des Vierlandenstraßen-Durchbruchs, verdient. Zahlreiche Distel-Arbeiten führt der Berliner Architekt Dr. Peter Pawlik in seiner neuen Veröffentlichung "Von Bergedorf nach Germania" auf. Bei der Recherche 2007/09 wurde er u. a. vom Archiv Ludwig Uphoff unterstützt.
Die Chrysanderstraße hieß bis zur großen Straßenumbenemnung Brauerstraße; an ihrem Ende lagen die Vereinsbrauerei, die Brauereikeller und die Brauereiteiche. An der damaligen Brauerstraße wohnte der weltbekannte Musikgelehrte Friedrich Chrysander (1826-1901), der Händels Werke bearbeitete und verlegte. Bergedorf gab der Straße, an der er einst wohnte, 1949 seinen Namen. Hier ein eingeschobener Hinweis: Der Straßenteil zwischen den Schranken hieß im Volksmund Hundebaum, die ganze Gegend "Beim Hundebaum". Das Wort "Hunt" so müsste es eigentlich heißen, ist ein altes Ackermaß. Danach würde das Wort Hundebaum auf einen den Weg zu diesem Ackerland versperrenden Baum hinweisen. Bergedorfs früher Geschichtsschreiber Stanau (s. Geschichte der Stadt Bergedorf, 1894) weist darauf hin, dass es um 1600 ein nicht mehr zu ermittelndes Gelände "vor dem Ronnebaum" bei Bergedorf gab. Da es ein mitteldeutsches Wort "ronne" für Baumstamm gab, deutet das zu Hundebaum verstümmelte Ronnebaum auf einen Grenzpfahl, beziehungsweise Schlagbaum. Diese Worterklärung für denselben Namen mag deutlich machen, vor welchen Schwierigkeiten man steht, wenn man einen Namen deuten muss!
Der Elisabeth-Thomann-Weg wurde nach der Heimatdichterin Elisabeth Thomann (1856-1919) benannt. Von ihr stammt u.a. das von den Bergedorfern einst als Nationallied gesungene "Uns Bardörp is doch schön". 2003 wurde die fast vergessene Melodie, über die gerade eingerichtete Internetseite des Bergedorfer Bürgervereins, wieder der Öffentlichkeit vorgestellt. Und danach von anderen Musikgruppen nachempfunden und als Filmmusik verwandt!
Die Graustraße erhält die Erinnerung wach an Carl Grau (1854-1935), dem verdienstvollen Förderer der Händelmusik, Mitgründer der Hasse-Gesellschaft und langjährigem Dirigenten des Bergedorfer Hasse-Chores.
An den Erzieher, Politiker und Kunstfreund Hans Matthießen (1876-1944) erinnert die Hans-Matthießen-Straße. Volle 38 Jahre hat er an Bergedorfer Schulen gewirkt. 1919 übernahm er die damalige Hilfsschule. Er leitete Kurse für Sprachbehinderte, war durch viele Jahre liberaler Bürgervertreter im damaligen Stadtparlament. Als Kunstfreund führte er Ausstellungen von Malern, Graphikern und Bildhauern durch. Nicht vergessen sei, dass vornehmlich auf seine Anregung die ehemalige Öffentliche Bücherhalle am Rathaus entstand (seit 2007 steht hier der Neubau des WBZ).
Die Ida-Boy-Ed-Straße: An ihrem Geburtshaus "Am Brink 10" ist eine Gedenktafel angebracht. Ida Ed wurde 1852 in Bergedorf geboren und starb im Alter von 76 Jahren in Lübeck. Ihr Vater, Christoph Marquard Ed (1809-1885) übernahm im April 1842 die "Bergedorfer Sonntagszeitung" und führte sie unter dem Namen "Bergedorfer Wochenblatt und Eisenbahnzeitung" weiter, bis er 1865 nach Lübeck umsiedelte und dort die "Eisenbahnzeitung" herausgab. Ida-Boy-Ed war um die Jahrhundertwende eine der angesehensten Schriftstellerinnen Deutschlands und starb 1928.
Der Schmidtweg heißt nach Bernhard Schmidt (1879-1935), dem Erfinder des weltbekannten Spiegelteleskops. Direktor Prof. Schorr holte ihn 1925 an die Bergedorfer Sternwarte. Die von Schmidt entwickelten Spiegelteleskope gehören zur Ausrüstung vieler Sternwarten. Auf dem Bergedorfer Friedhof liegt seine Grabstelle in Sichtweite zum "1-m-Spiegel".

 

Straßennamen nach Baulichkeiten

Hude

Chrysanderstraße

Kihberg

Straßen werden auch nach Bauten oder der anliegenden Funktion benannt. So erinnern die heute noch gebräuchlichen Straßennamen an alte Zeiten:
Der Kupferhof deutet auf einen Kupferhammer, der vor 400 Jahren am Überfall des aufgestauten Blickgrabens in den Schleusengraben betrieben wurde. 1545 erhielt der Hamburger Patrizier Matthias von Emersen vom Hamburger Ratsherrn Ditmar Koel, der von 1542 bis 1548 Amtsverwalter auf Haus Bergedorf war, die Erlaubnis, dort eine Kunstmühle zu errichten, jedoch der "städtischen Kornwassermühle kein Wasser zu schmälern". Ferner durfte er kein "Kraut" mahlen, also keine Pulvermühle errichten. Diese Mühle war zeitweise Kupfermühle und somit Pate des Straßennamens.
Der Name Bergedorfer Schloßstraße bedarf keiner Erläuterung, ebenso ist der Name Am Bahnhof sowie Am Güterbahnhof verständlich, da an diesen Straßen zwei der Bergedorfer Bahnhöfe liegen. Frascatiplatz erinnert an das ehemalige Wirtshaus am ersten Bergedorfer Bahnhof von 1842 (das ehem. Kassen- und Wärterhaus steh: Neuer Weg 54), welches den Namen "Frascati" führte. Die Straße Wachsbleiche erhält die Erinnerung an eine Fabrik am Schleusengraben wach.
Die Hude führte von der alten Hauptstraße (einst Sachsenstraße, dem östl. Teil des heutigen Sachsentors) zum Lagerplatz am Schleusengraben. Es gab die städtische Hude und die Amtshude. 1477 kaufte der Rat "to des blekes vryheit to ewighen tyden" d. h. "Zu des Ortes Freiheit auf ewige Zeiten" diesen Platz und machte ihn zum städtischen Lagerplatz. Es wurde der Lösch- und Lagerplatz der Bergedorfer Schiffer und Holzhändler (daher noch der Name Holzhude beim Lichtwarkhaus). "Hude" bedeutet umhegter, gesicherter Lagerplatz, in der Regel am Wasser. Es sei nur auf die bekannten Ortsnamen Tesperhude und Winterhude hingewiesen. Der alte Straßenzug Hude hieß um 1600 noch "by de Hude"; er reichte vom Schiffwasser bis zum heutigen Sachsentor. Der Name Specken, eigentlich "Speeken", läßt erkennen, dass dieser viel befahrene Weg zur Hude am Schiffwasser / Schleusengraben einen Belag von Holzbohlen hatte, wie sie früher noch bei allen Auf- und Abfahrten zu Baugruben üblich waren, um ein Einsinken der schwer beladenen Wagen in den Grund zu verhüten. So sind "Specken-Wege" (Speichen-, Buschwerkwege) eine Erinnerung an die bronzezeitlichen Bohlenwege, wie sie u.a. in den Mooren im Norden Hamburgs gefunden wurden. Auch die alte Rothenhauschaussee zur Horst war einst ein Bohlenweg über das moorige Land nördlich der Brookwetterung.
Der Möörkenweg führte an niedrigen Billewiesen nördlich des Gehölzes vorbei. Um 1704 sprach man hier vom "großen und kleinen Möörken" und zu-
vor um 1620 von den feuchten "Radewiesen" (wohl des Rates Wiesen). Auf den stadtnahen niedrigen Billewiesen wurde 1926/29 die Badeanstalt gebaut. Der Straßenname Reetwerder erinnert an den alten Zustand.

Die Bezeichnung Brauerei-Teiche, an denen der Bille-Wanderweg vorbeiführt, erinnert daran, dass auf diesen Teichen an der heutigen Chrysanderstraße (einst Brauerstraße!) die 1863 gegründete "Bergedorfer Vereins-Brauerei" ihr Eis für die Kühlung des in den Kellergewölben des Hangs eingelagerte "Bergedorf-Beer" gewann.
Der Anfang der Holtenklinker Straße hieß früher Brunnenstraße. Am Abhang der Justus-Brinckmann-Straße war eine Quelle. Sie galt, um 1730 als Gesundbrunnen und wurde von Heilungssuchenden aus Hamburg und aus der ganzen Umgebung aufgesucht. Es bildete sich dort sogar eine Barackenstadt, bis nach einem Jahrzehnt der ganze Zauber zerstobt. Die Straße Unterm Heilbrunnen trägt in ihren Namen die Erinnerung an jene Zeit. Eine Quelle tritt noch heute neben der Treppe bei Holtenklinkerstraße 65/67 aus dem Geesthang aus. Als besonderer Straßenname möge hier noch Lampenland genannt werden, ein Straßenzug in der Eschenhof-Siedlung. Dies Land gehörte einst der Bergedorfer Kirche; der Erlös aus der Verpachtung sollte dazu dienen, die Unterhaltung der "Ewigen Lampe" in der damals noch vorreformatorischen Zeit sicherzustellen.
Weidenbaumsweg erinnert an die Tage, da der Kamp, das von Schleusengraben, Kampbille und Bille umschlossene große dreieckige Landstück, noch Gemeinweide der Bergedorfer Ackerbürger war und hier ein Schlagbaum das Weidegebiet abschloss.
Der heutige Wiebekingweg hieß noch vor Jahrzehnten Kuhberg. Er führte von der Kirche als etwa 6 m breite Straße zwischen den historischen Gasthöfen "Stadt Hamburg" und "Stadt Lübeck" zum Markt. Nach dem Durchbruch der Vierlandenstraße zu Ende der 1920er-Jahre begann der Kuhberg erst an der Durchfahrt in der Vierlandenstraße. Der Platz, auf dem der Gasthof "Bremer Hof" steht, war ursprünglich frei. Hier scheint der Stadthirte das Weidevieh der hiesigen Ackerbürger gesammelt zu haben, um es auf die Kampweide zu treiben. Der Name "Markt" im Zentrum des alten Städtchens - heute Bergedorfer Markt - bedarf keiner weiteren Erklärung. Hier stand auch einst die Schandsäule (der Pranger, der Kaak), wie auf der Frese-Karte von 1593 zu erkennen ist, und wie es im Museum auf dem Stadtmodell "Bergedorf um 1600" auch dargestellt ist.

Zur falschen Geschichtsdarstellung verführte auch oft der Name Brink: Er wurde als Ortsmittelpunkt gedeutet und daraus abgeleitet, dass hier einst der Mittelpunkt Bergedorfs lag. Wir wissen, dass der Name "Brink" aber im ältesten Bergedorfer Stadtbuch von 1437 bis 1495 nicht auftaucht, vielmehr findet sich die Ortsbezeichnung "Brink" zuerst 1842 im Bergedorfer Grundbuch. erwähnt. Hier, außerhalb der Stadt, siedelten die sog. Brinksitter, also Einwohner, die keine Ackerbürger der eigentlichen und vom Blickgraben umschlossenen Stadt waren und kein Anrecht an der Gemeindeweide (der Allmende) hatten. Dazu schreibt 1888 Rat Voigt in seiner Bergedorfer Topographie: "Auf einer aus dem Jahre 1780 vorhandenen Skizze begegnet uns die Bezeichnung Neue Straße vor Zeiten gen. Bütteltwiete". Es wird danach vermutlich einige Zeit vorher die Twiete zu einer Straße ausgebaut worden sein.
Der Neue Weg diente als Zufahrtsweg für Fuhrwerke vom östlichen Sachsentor (der ehem. Sachsenstraße) zum Curslacker Neue Deich. Heute führt nur noch der südliche Teil der Straße den Namen Neuer Weg, denn sie ist durch die Bergedorfer Straße in zwei Stücke geteilt - und hier an der Brookwetterung endete einst das Gebiet des alten Städchens Bergedorf. Somit lagen 1842 der erste Bahnhof und der Frascatiplatz schon auf Curslacker Gebiet. Seine große Bedeutung gewann der Neue Weg mit dem Bau des Bahnhofs der Bahnstrecke von Hamburg-Deichtor bis Bergedorf-Frascati. Als Straßenname sei noch Am Schiffwasser genannt; eine Kaistraße am uralten Bergedorfer Hafen, dem Seitenarm des Schleusengrabens. Benachbart liegt seit 1962 das Lichtwarkhaus; eins der sog. Hamburg-Häuser.

 

Straßennamen nach hist. Flurbezeichnungen

Historische Karte
 

Karte von Bergedorf 1810 - Ausschnitt

 

DATEI :strassen-1810-BD-Ausschnitt.jpg (410 KB)

  Ansehen

 

Auch in Bergedorf finden sich in Straßennamen mehr alte Flurbezeichnun-gen, als man zunächst vermutet. Ein Blick in historische Karten des Vermessungsamtes (heute: Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung) zeigt z. B. ihre Lage, aber auch andere Veröffentlichungen helfen weiter:
Für Pool, Pollhof und Pollhofsbrücke liegt dasselbe Wort zugrunde "pool" = Pfuhl. Der Name Pool wurde bereits erwähnt. Pollhof ist der Name eines Gehöftes an einem Pfuhl im niedrig gelegenen Brook im ehemaligen Curslack und der Weg dorthin führte über die Pollhofsbrücke.
Unter Brook, vergleiche Grasbrook und Hammerbrook, verstand man einst uneingedeichtes Gebiet ani Fuße der Geest. Bei uns wird dieser Brook entwässert durch die Brookwetter. Um ein Eindringen des Geestwassers in die Vierlande zu verhindern, wurde bei der Eindeichung von Curslack und Altengamme ein kleiner Sperrdamm, ein kleiner Deich geschüttet. Er heißt im Bergedorfer Teil Brookdeich und in Altengamme Horster Damm. Von der Hauptstraße führt die Brookstraße über den Brook zum Brookdeich.
Im Westen der Stadt lag der Kamp im Winkel zwischen Schleusengraben, Kampbille und Bille. Er war früher Allmende und von den Ackerbürgern Bergedorfs gemeinsam bewirtschaftet bzw. durch deren Vieh beweidet. Zu ihm führte früher die Schweinebrücke. Sie ist auf dem Freese-Plan von 1593 noch als "Swinebrug" bezeichnet und lag am Überlauf 'vom Schleusengraben zur "Olden Bille", der Oberbille. Dieser Überlauf lag damals neben dem heutigen Gasthof "Zum Anker" am Ende der Serrahnstraße. Der Name läßt, erkennen, dass über diese Brücke der Sween, der Schween, also der Schweinehirte auf den Kamp trieb. Die Verlängerung der Alt-Bergedorfer Hafenstraße, der Serrahnstraße, war der Kampdeich.
Als Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts die Chausseen nach Wentorf-Schwarzenbek (Wentorfer Straße) und über Sande - Lohbrügge - Boberg nach Hamburg gebaut wurde, er richtete der Dänenkönig an der Ecke der damaligen Billwerder Straße, gegenüber dem Geschäft von Demmin ein "Zollhaus" und ließ es mit seinem Wappen schmücken. Das Haus mit Königswappen stand dort, wo sich heute die Apotheke im Marktkauf-Center befindet. Um diesen Durchgangszoll zu umgehen, baute das Amt Bergedorf 1838 eine feste Straße, die Kampchaussee, über den Kamp zum Heckkaten im hamburgischen Billwerder. Zu diesem Anlass wurde 1837 dann das ehem. "Gasthaus zur Sonne" um 90 Grad gedreht, da es der neuen Straße im Wege stand. Es erhielt nun seine Front zur "Kampstraße" (heute Weidenbaumweg). Die Verlängerung dieser Straße, jenseits der Eisenbahn, hieß deshalb auch Kampchaussee; ab 1998 Kurt-A.-Körber-Chaussee nach dem ehemaligen Fabrikbesitzer der Hauni-Werke.
Der heutige Weidenbaumsweg, als umbenannte Kampstraße, ist zweigeteilt: der östliche Teil liegt zwischen Alte Holstenstraße und Bahnhof und der westliche Teil zweigte dort von der "B 5" ab, wo die alte Kampstraße zur Kampchaussee wurde und geht bis zur Randersweide bzw. Kampbille.

Ende der 1940er-Jahre wurden die Straßennamen Bult (ehem. Immelmann-straße, Schulstraße), Sichter (ehem. Lübecker Straße, Hauptmannstraße), Duwockskamp (ehem. Richthofenstraße) vergeben. So ist "Bult" eine kleine Erhöhung, ein Grashaufen; man nennt entsprechend eine Kartoffelpflanze beim Ausheben "Kartoffelbulte". Bult ist aber auch eine kleine Anhöhe. "Sichter" dagegen bedeutet eine sumpfige, feuchte Stelle im Acker. Man merkte es beim Bau des "Haus im Park" (1977 eingeweiht), dass der Standort einst ein Teich war. Ein Vorab-Blick in eine alte Karte hätte geholfen! "Duwockskamp" ist ein Flurstück, das reichen Bewuchs mit Duwock zeigt. Duwock ist die niederdeutsche Bezeichnung für Schachtelhalm.
Steinkamp ist ein mit vielen Steinen besäter Acker. Grasredder ist ein frei gewählter Name an Stelle des alten Straßennamens Grasweg. Da es in Winterhude schon einen älteren Grasweg gab und in Hamburg kein Straßenname zweimal auftreten sollte, wählte man für Bergedorf als ähnlichen Namen "Grasredder", obgleich dieser Straßenzug nie ein "Redder" war, nie auf beiden Seiten Knicks trug (historisch also nicht korrekt)!Ebenso ist der Name Reeperstieg ein Ersatz für die vormalige Bezeichnung Reeperbahn. Ob man wohl befürchtet, dass ein Fremder, der in Bergedorf nach der Reeperbahn fragte, nach St. Pauli statt zum Mohnhof verwiesen würde?
Alte Flurnamen in der Nähe des Bergedorfer Gehölzes sind noch Doktorberg, Pfingstberg und Pannerstieg: Am Rande des Gehölzes lag ein Hügelgrab. Hier verweilte gern der Bergedorfer Bürger Dr. med. und kaiserlich russischer Hofrat Thode. Auf einem Spaziergang erlitt er hier am 3. Mai 1797 einen Schlaganfall. Zur Erinnerung an dieses tragische Ereignis erhielt der Hügel den Namen Doktorberg.
Eine weitere Straße am Gehölzrand trägt den Namen Pfingstberg. Der Name erscheint bereits auf der alten Flurkarte von Schade aus dem Jahre 1690. Die Bedeutung ist noch nicht geklärt. Einige Forscher wollen den Namen auf Finkenberg zurückführen. Stoffert erwähnt in seiner Lebenserinnerung, dass dort die Bergedorfer ihre "Pfingshöge" im Grünen abhielten. Kummer machte den Anwohnern der Straßenname Pannerstieg. Panner heißt ja hochdeutsch "Pfänder" und erinnert stark an den Gerichtsvollzieher! Nichts von allem: Der Panner war der städtischer Flurwächter. Er war der verpflichtet weidendes Vieh, das in Privatgrundstücke oder in das Gehölz eingebrochen war, zu pfänden und in den städtischen Pfandstall zu treiben. Dort musste es von seinem Eigentümer gegen Pfandgeld wieder ausgelöst werden. Der Pannerstieg war damit der Grenzsteig gegen das Gehölz, den das Vieh ohne Gefahr der Pfändung nicht durchschreiten durfte.

 

Nachsatz: Diese Straßennamen-Beschreibung von Ludwig Uphoff erschien erstmals um 1950 in den Lichtwarkheften und um Straßennamen im weiteren Stadt- und Landgebiet erweitert ab 1962 als Serie in der "Bergedorfer Zeitung".

 

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